Digitaler Zwilling und 3D-Druck: die beiden Säulen der Partnerschaft von Siemens und Cms
„Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ist ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ist ein Erfolg“ - das waren die Worte von Henry Ford. Ein Satz, der die Motive für die Partnerschaft von Cms SpA und Siemens Digital Industries Italia klar abbildet: Und was haben die beiden Unternehmen gemeinsam vor? Welche Ziele wollen sie verfolgen? Cms ist das Kürzel für Costruzione Macchine Speciali. Das Unternehmen mit Sitz in Zogno (Bergamo) stellt Bearbeitungszentren und kundenspezifische Systeme für die Bearbeitung von modernen Werkstoffen (Verbundwerkstoffen, Kohlenfasern, Aluminium, Leichtlegierungen) sowie von Kunststoff, Glas, Stein und Metallen her. Cms gehört zum Geschäftsbereich „Sonstige Materialien“ des Konzerns Scm Group (gemeinsam mit Diversified Machines Systems in Nordamerika und HG Grimme in Deutschland, mit einem Umsatz von 200 Millionen und 1000 Mitarbeitern). Der Konzern Scm aus der Emilia-Romagna erwirtschaftet mit seinen ca. 4000 Mitarbeitern einen Umsatz in Höhe von 700 Millionen im Bereich der Materialbearbeitungstechnologien und hat sich auf die Herstellung von Maschinen für die Holzbearbeitung spezialisiert.
Im Hinblick auf die technologische Innovation plant Cms einen Technologiesprung in drei Richtungen. An vorderster Front: die adaptiven Funktionen. Deren Ziel besteht in der Untersuchung von Algorithmen, die Abweichungen der Betriebsparameter der Maschinen erfassen, so dass rechtzeitig Maßnahmen ergriffen und damit Maschinenstillstände vermieden werden können. Wie wir noch sehen werden, verfügt Siemens in diesem Zusammenhang bereits über spezifische Software, die mit dem Ökosystem IIoT verbunden ist, zu dem auch Cloud-basierte Technologien wie die Plattform MindSphere und Lösungen aus dem Bereich Industrial Edge für die Datenverarbeitung gehören. Zweitens: der „digital twin“. Die Simulation von Prozessen vor ihrer Umsetzung in die Praxis spart Zeit und Geld und reduziert Ineffizienzen im Produktionsprozess. Auch hier bietet der deutsche multinationale Konzern industrielle Softwarelösungen an, die den digitalen Zwilling integrieren. Drittens: die additive Fertigung. In diesem Bereich kann das Unternehmen aus Bergamo auf seine Entwicklung des Cms kreator verweisen, eine Maschine mit Hybridtechnologie, 3D-Druck und Fräsfunktion, die großformatige Produkte (Large Format Additive Manufacturing) durch die Auftragung von Schichten aus verstärktem thermoplastischem Material herstellt. Für die Prozessoptimierung ist eine spezielle Software wie NX von Siemens erforderlich.
All diese Aspekte betreffen die nahe Zukunft. Die Partnerschaft besteht jedoch bereits seit 46 Jahren und im Laufe der Zeit hat Cms seine Referenzprodukte und -sektoren diversifiziert. Aus diesem Grunde setzte das Unternehmen in der Vergangenheit auf einen Referenzpartner für die Automatisierung mit übergreifenden Kompetenzen für die verschiedenen Branchen und tut dies bis in die Gegenwart hinein mit großem Erfolg. Andererseits umfasst die Philosophie von Siemens den Aufbau von langfristigen technologischen Partnerschaften, die auf die optimale Interpretation der Anforderungen der eigenen Kunden ausgelegt sind. Ein Beispiel für diese Zusammenarbeit stellt die cms vm 30k dar. Diese Maschine für die Bearbeitung von Metall und Verbundwerkstoffen ist mit einer Sinumerik 840D sl mit numerischer Steuerung (cnc) ausgestattet, die den einfachen Übergang zur Sinumerik One, der innovativen Cnc aus dem Hause Siemens mit integriertem digitalen Zwilling gestattet. Wir haben darüber mit dem Leiter von Digital Industries der Siemens SpA und Präsident von Siemens Industry Software Srl, Giuliano Busetto, und Giovanni Negri, Geschäftsführer von Cms, gesprochen.
Erfolgreiche Partnerschaft über beinahe ein halbes Jahrhundert
1) Für Cms zählt der übergreifende Charakter der technologischen Lösungen von Siemens.
Giovanni Negri, Geschäftsführer bei Cms
Die Motive für die Partnerschaft werden deutlich, wenn wir uns die Vergangenheit ansehen. Cms wurde 1969, also vor 52 Jahren, von Pietro Aceti gegründet. Das erste Bearbeitungszentrum wurde 1974 gebaut, und im darauf folgenden Jahr, so Negri, „wurde bereits die erste Cms-Maschine mit der ersten numerischen Steuerung von Siemens ausgestattet“. Zwischen der zweiten Hälfte der achtziger und den frühen neunziger Jahren durchlief das Unternehmen eine umfassende Weiterentwicklung in technologischer Hinsicht. Es stellte das weltweit erste Bearbeitungszentrum für die Bearbeitung von Stein (mit der Marke Brembana) her und stieg in den Bereich des Kunststoffschneidens und der Verarbeitung moderner Werkstoffe ein: „Cms befasste sich dann auch zunehmend mit Verbundwerkstoffen und Aluminiumlegierungen, und arbeitete mit den Referenzsektoren der Luft- und Raumfahrt, der Automobilindustrie, der Eisenbahnbranche, der Formel 1, der Werftindustrie, der Brillenindustrie, der Herstellung von Windturbinen, des Bauwesens, der Architektur, der Innenarchitektur, sowie der Branche für Einrichtungen für den städtischen Raum und vielen anderen.“ Die beiden Produktionsstandorte in Zogno wurden erweitert. Dort wurden mehr als 10.000 Maschinen der Marke Cms hergestellt, die nun in den Produktionsabteilungen von Unternehmen in der ganzen Welt stehen. Laut Negri „wurde die Zusammenarbeit mit Siemens im Laufe der Jahre nicht nur fortgesetzt, sondern auch weiter ausgebaut. Wir brauchten einen Partner mit übergreifenden Kompetenzen in den verschiedenen Referenzbereichen, und aus diesem Grunde ist Siemens Digital Industries so wichtig für uns. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass es die Kunden sind, die uns auffordern, unsere Maschinen mit Technologie aus dem Hause Siemens auszustatten.“
Der anwendungsübergreifende Charakter der Produkte von Siemens ist aber nur einer der Gründe für die Zusammenarbeit. Ein weiteres Motiv ist die Innovation, auf die Cms ausgerichtet ist, die die gegenseitige Befruchtung mit weitreichenden und konsolidierten Kompetenzen erfordert. Das Unternehmen gehört seit 2002 zur Scm Group, einem multinationalen Konzern mit Sitz in Rimini, der sich im Besitz der Familien Aureli und Gemmani befindet. Seit einigen Jahren arbeitet das Unternehmen gemeinsam mit dem renommierten deutschen Fraunhofer Institut an einem Projekt, bei dem Technologien der additiven Fertigung zum Einsatz kommen. Im Jahr 2019 wurde in Zogno ein neues Technologiezentrum eingeweiht, und nachfolgend die IoT-Plattform Cms Connect entwickelt. Diese „stellt einen wichtigen Schritt für die Digitalisierung der viele Dienste dar“, erläuterte Negri. Wie gestaltet sich also die nahe Zukunft der Beziehung mit Siemens? Laut Negri steht dabei die weitere Digitalisierung „in Bereichen, in denen Siemens von Natur aus einen wertvollen Beitrag leisten kann“ im Mittelpunkt.
2) Die Partnerschaft aus der Sicht von Siemens
Giuliano Busetto, Leiter Digital Industries, Siemens
Der Automatisierungsriese, der an dieser Stelle nicht näher vorgestellt werden muss, steht für die Unterstützung der technologischen Evolution von Cms mit bereits entwickelten und auf dem Markt verfügbaren Lösungen bereit. „Siemens ist nicht nur ein führender Anbieter in der Automatisierungstechnik, sondern mit seinem Know-how und seinem einzigartigen, umfassenden Lösungsportfolio, das die reale mit der virtuellen Welt verbindet, auch der ideale Technologiepartner für die Begleitung von Unternehmen auf dem Weg ihrer digitalen Transformation“, so Giuliano Busetto. „Langfristige Beziehungen sind der beste Weg, sich gegenseitig kennen zu lernen. Beharrlichkeit und Engagement sind die Zutaten unserer Partnerschaft mit Cms, einem Unternehmen des Scm-Konzerns, der in unterschiedlichen, für uns sehr interessanten Sektoren tätig ist.“ Doch sehen wir uns nun an, welche Lösungen das multinationale Unternehmen für die drei vom Geschäftsführer von Cms genannten Innovationssäulen entwickelt hat.
Adaptive Funktionen, „digital twin“ und additive Fertigung: die Ziele der Partnerschaft
1) Die adaptiven Funktionen
Negri ist der Überzeugung, dass es in diesem Zusammenhang nicht nur um die Entwicklung von Algorithmen geht, die erfassen können, ob Abweichungen bei den Maschinenparametern vorliegen. Vielmehr umfasst dieser Bereich auch die Entwicklung neuer digitaler Funktionen, mit denen die Bearbeitung optimiert und ein entsprechender Eingriff der Kundendienste vorgenommen werden kann. Mit dem Cloud-basierten IIoT-Betriebssystem MindSphere, das Betriebsinformationen speichern und über spezielle digitale Apps zugänglich machen kann, ist der Bezug zu Siemens hier unmittelbar gegeben. Diese Technologie gestattet die Durchführung von erweiterten Analysen der Leistungsindikatoren, während Industrial Edge die Verarbeitung einer großen Anzahl von Parametern durch Algorithmen unterstützt, die auf statistischen Methoden und dem Konzept des Machine Learnings basieren, und damit die Prognostizierung von Betriebstrends und Störungen sowie die Optimierung der Bearbeitung selbst gestatten.
Sinumerik One, das erste digitale native CNC-System mit vollständiger Integration des „digital twins“
Im Hinblick auf die digitale Transformation stellt der digitale Zwilling der Maschine für das Unternehmen Cms einen ganz wesentlichen Schritt dar. Er erzeugt ein getreues digitales Abbild der Maschine, der Vorgänge während eines bestimmten Bearbeitungsvorgangs und der zur Optimierung des Prozesses erforderlichen Schritte durch die reine Virtualisierung des Prozesses, ohne dass der Bearbeitungsvorgang in der Werkstatt physisch durchgeführt werden muss. „Siemens“, so Negri, „ist auf diesem Gebiet bereits sehr weit.“
In der Tat verfügt der multinationale Konzern über eine Digital Enterprise Suite, die hervorragende Software- und Automatisierungslösungen bereitstellt, wie bspw. Sinumerik One, das erste digitale native CNC-System mit vollständiger Integration des digitalen Zwillings. Die Kombination von Sinumerik und NX ermöglicht die Simulation von Maschinen oder Maschinensystemen und die Erzeugung der jeweiligen digitalen Zwillinge und gewährleistet damit eine Optimierung der Entwicklungszeiten. Darüber hinaus ergeben sich neue Geschäftsmöglichkeiten für das Vertriebsnetz des Herstellers und für die Endbenutzer kann für die Schulung ihrer Bediener ein hervorragendes Werkzeug bereitgestellt werden. Schließlich stellt sie auch ein wirksames Instrument für den Test des Betriebs, der Programme und der Bearbeitungszeiten der Maschine in einer virtuellen Umgebung dar, selbst wenn diese sich gerade in Betrieb befindet.
3) Die additive Fertigung
In diesem Bereich fängt das Unternehmen aus Bergamo keineswegs bei Null an: Die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut (und seit einiger Zeit auch mit der Universität Trient), die zur Entwicklung von Cms kreator geführt hat, das thermoplastische Polymere verwendet, die mit 40 % Kohlenstoff verstärkt sind, wurde bereits eingangs erwähnt. Cms kreator arbeitet folgendermaßen: Die thermoplastischen Materialien werden in überlappenden Schichten aufgetragen, die dann das Endprodukt bilden. Die aktuellen Maße von Cms kreator sind beeindruckend: 4,7 auf 2 Meter, und in Kürze werden 6 auf 2,6 Meter erreicht werden, um allen Anforderungen der Automobilbranche, der Luft- und Raumfahrt sowie dem Schiffsbau gerecht zu werden. „Die Bearbeitung in großformatigen „slices“ (Schreiben, Schichten) erfordert eine moderne Steuerungssoftware, die in der Lage ist, die Leistung unserer Maschinen zu optimieren“, so Negri. Auch für die additive Fertigung stellt Siemens eine integrierte End-to-End-Lösung für die Steuerung der gesamten Kette Cad–Cam–Cnc bereit. Mit einer einzigen Plattform können mehrere Technologien, d. h. sowohl Abtragungs- als auch Ablagemaschinen bis hin zu Robotern auf äußerst flexible Weise gesteuert werden.
Ein Beispiel der Ergebnisse der Partnerschaft in der Gegenwart
Im Bereich der additiven Fertigung kann Cms auf seine Entwicklung des Cms kreator verweisen, eine Maschine mit Hybridtechnologie, 3D-Druck und Fräsfunktion, die großformatige Produkte (Large Format Additive Manufacturing) durch die Auftragung von Schichten aus verstärktem thermoplastischem Material herstellt. Für die Prozessoptimierung ist eine spezielle Software wie NX von Siemens erforderlich.
Die Vm 30k ist eine Maschine für die Bearbeitung von Metallen und Verbundwerkstoffen. „Insbesondere für die Bearbeitung Letzterer“, erläuterte Negri, „braucht es die Erfahrung, die Cms in über 50 Jahren gesammelt hat, sowie eine Robustheit und Steifigkeit bei der Abtragung, die mit den Anforderungen bei der Bearbeitung bestimmter Metalle wie beispielsweise Stahl vergleichbar sind. Die Präzision und Genauigkeit des Laufs gehören zu den besten Eigenschaften der Vm 30k. Die Maschine bringt es auch auf eine Länge von drei Metern bei einer Breite von zwei Metern. Der Nutzlauf beträgt 1,3 Meter, aber das Sortiment umfasst auch größere Abmessungen“. Die Maschine ist mit der Sinumerik 840D sl ausgestattet, einer numerischen Steuerung, die Geschwindigkeit und Flexibilität für verschiedene Werkzeugmaschinenanwendungen (Drehen, Fräsen, Schleifen, Bohren, Stanzen und vieles mehr) gewährleistet. Sie verfügt über eine leistungsstarke Hardware-Architektur und intelligente Algorithmen sowie integrierte Sicherheitsfunktionen für Bediener und Instrumente.
Sinumerik One
„Die Grundlagen für einen einfachen Übergang zur Cnc-Plattform Sinumerik One sind damit vorhanden“, so Negri. Es handelt sich um ein digitales natives CNC-System für die Maximierung der Leistungen von Werkzeugmaschinen mit integrierter SPS der neuesten Generation, die 10 Mal schnellere Zykluszeiten als eine herkömmliche SPS ermöglicht. Sinumerik One erzeugt den digitalen Zwilling, mit dem der Bearbeitungsprozess und die gesamte Maschinenautomatisierung simuliert werden können. Dies hat umfangreiche Vorteile: Betriebsprobleme können bereits in der Planungsphase angegangen und die Software kann zusammen mit dem mechanischen Modell getestet werden. Dies führt zu einer drastischen Verkürzung der Markteinführungszeit. Im Hinblick auf die Produktivität bietet die Sinumerik One Funktionen wie Top Speed Plus, für den Einsatz von Filtern auf den auftretenden Dynamiken zur Optimierung der Bearbeitungszeiten, ohne die Qualität derselben zu beeinträchtigen, und Intelligent Load Control für die Erhöhung der Bearbeitungspräzision durch die automatische Anpassung der Steuerungsparameter. Wichtige Neuigkeiten gibt es auch im Bereich der Kollisionsverhütung durch die Erweiterung neuer Funktionen wie Protect MyMachine 3D Twin, mit der die 3D-Modelle der eigenen Werkzeuge und Spannkomponenten importiert und der Materialabtrag auf der Grundlage der künftigen und tatsächlichen Positionen der Achsen simuliert werden kann. Dadurch kann ein umfassender Schutz der Maschine unter Berücksichtigung der abgetragenen Bereiche in jeder Betriebsart gewährleistet werden. Die Geometrien und die Offsets der Werkzeuge werden mit der Technologie Edge Computing stets in Echtzeit aktualisiert.
[Erneute Veröffentlichung eines Artikels, der am 3. November 2021 veröffentlicht wurde].