Maschinen Der Bau eines Klaviers ist beim Hersteller Bösendorfer zu 80 Prozent Handwerkskunst. Im Zusammenspiel mit Hightech-Maschinen werden Innovationen in dem traditionsreichen Metier möglich, die die Klangwelt bereichern.
Seit 1828 stellt Bösendorfer in Österreich Klaviere her. Die Handwerkskunst des Klavierbauens ist traditionsreich und beeindruckend. Rund 300 Instrumente werden jährlich in Wiener Neustadt produziert. Die 125 Mitarbeiter sind pro Instrument etwa 14 bis 16 Monate bis zur Fertigstellung beschäftigt. Ein Konzertflügel kostet zwischen 86.000 und bis zum grössten Konzertflügel Imperial 175.000 Euro in der Standardausführung.
„Für viele unserer Kunden Flügel auch Möbelstück, wir sind also gar nicht so weit weg vom Möbelbau“, sagt Marion Alexander, zuständig für PR & Marketing bei Bösendorfer. Auch wenn die Kundschaft das Instrument auch schon mal optisch mit dem gesamten Raumkonzept abgestimmt haben will, ist es dennoch immer noch der Klang, um den es geht. Dieser berühmte „Wiener Klang“ bzw. die „Wiener Tradition“ begleitet das Unternehmen nach wie vor in seinem Qualitätsanspruch.
„Fichtenholz bietet die beste Schallleitfähigkeit und ist daher unser Grundwerkstoff“, erklärt Alexander. Das wintergeschlagene Holz, das in Wiener Neustadt Jahre gelagert wird, wird von den Holzlieferanten vorselektiert und beim Lieferanten Vorort Bösendorfer-Mitarbeitern kontrolliert und ausgesucht. Neben Fichte werden auch Rotbuche, Weißbuche und Ahorn zur Herstellung verwendet. „Für uns ist vor allem die Zellstruktur des Holzes deshalb legen wir bereits größte Sorgfalt in den Trocknungsprozeß", so Alexander. Jedes Instrument hat seinen eigenen Klangcharakter, der bei Bösendorfer in von den Intoneuren herausgearbeitet wird. Wichtig für den Kunden in diesem hochpreisigen Segment ist, dass es zu jedem Stück eine Geschichte gibt.
„Wir arbeiten durchschnittlich 400 Stunden an einem Instrument, 14 bis 17 Stunden davon an der CNC“, sagt Thomas Broukal, Technical Director bei Bösendorfer. „Wir legen großen Wert auf Handwerk und Tradition, doch auch Innovation und Weiterentwicklung ist uns wichtig. Manche Präzisionsarbeit wie wir sie bei Bösendorfer einsetzen, ist nur mit der CNC möglich“, so der gelernte Klavierbauer.
Eine Besonderheit bei Bösendorfer ist das Resonanzkastenprinzip, nach dem jeder Flügel aufgebaut ist und auf dem die „Klangphilosophie“ des Unternehmens beruht. Dieses Prinzip hat der Traditionshersteller in den vergangenen vier Jahren noch einmal weiterentwickelt. Die Grundlage für diese Innovation im Rahmen des Klangkörpers ist eine bestimmte Fräsung, die ein CNC-Bearbeitungszentrum des italienischen Herstellers SCM vornimmt.
Seit 2016 ist die Fünf-Achs-Maschine Morbidelli M800 Bestandteil des Produktionsprozesses in Wiener Neustadt. „Ein Grund, warum wir uns für SCM entschieden haben, waren Empfehlungen von zwei unserer Zulieferer, die ebenfalls mit SCM-Maschinen arbeiten. Bis jetzt sind wir damit sehr zufrieden. Es war die richtige Entscheidung“, sagt Thomas Broukal.
Zu den Besonderheiten des bei Bösendorfer eingesetzten CNC-Bearbeitungszentrums zählt unter anderem der automatisch verstellbare Konsolentisch. Die Balken und Sauger positionieren sich automatisch, nachdem der Bediener das Produktionsprogramm vorbereitet hat. Zudem handelt es sich bei der Sonderausführung um ein Fünf-Achs-Fräsaggregat mit einer Bearbeitungshöhe von 430 Millimetern. „Das Gerät bietet bis zu 48 Werkzeugen Platz, dank eines Tellerwechslers mit 24, einem seitlichen Wechsler mit zwölf und weiteren zwölf Werkzeugen ‚on board‘, die mit dem Fräsaggregat mitfahren“, erklärt Außendienstmitarbeiter Stefano Buratti von SCM. Bei der Anfertigung des Resonanzbodens trägt ein Stirnplanfräser die Platte Schicht für Schicht ab, so dass der Boden flexibel genug wird, um ihn unter Spannung in den Klavierrahmen einzupassen. „Eine Handbearbeitung wäre nicht möglich, da die Genauigkeit sehr hoch ist“, erklärt Buratti.
Nicht nur in der Fertigung, auch in anderen Bereichen des Unternehmens hält digitale Technik Einzug. So steht beispielsweise im Aussuchraum unter anderem ein selbstspielendes Klavier, das nicht nur dadurch beeindruckt, dass es keinen Pianisten benötigt, sondern vor allem auch durch die große Auswahl an Musikstücken und deren Qualität. Neben der großen "Library", die es in diesem Umfang mit so vielen historischen Aufnahmen nur bei Bösendorfer gibt, ist das Besondere an unserem System, dass es nicht nur Musikstücke abspielen (da gibt es viele am Markt) sondern auch in hoher Qualität aufnehmen kann. D.h. man kann sein eigenes Spiel aufnehmen und so seinen Lernerfolg dokumentieren. Musiker können so ihre Stücke aufnehmen und weiter bearbeiten. Der Markt dafür wird laut Broukal und Alexander immer größer.
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